Lesung „Wäschekorb“

David Gravenhorst liest Erzählung von Erich Loest

„Kielmann fragte sich, warum ihn Paul Böttchers Schicksal nicht losließ. Anfang der Siebziger Jahre war er darauf gestoßen, damals sollte auf ein widerspruchsfreies Ergebnis hingearbeitet werden, deshalb musste jeder scheitern, der sich solch einer wahnsinnigen Lebenskurve annahm. Über Gräben hinweg, über Gräber.“

Ein alter Linker denkt neu nach – eine Erzählung von roten Helden, feigen Mitmachern und dem harten Pflaster des Sozialismus.

Als vor zwanzig Jahren die DDR unterging, warf der Schriftsteller Bernhard Kielmann sein Parteibuch in einen Wäschekorb, den der Pförtner der SED-Bezirksleitung bereitgestellt hatte. In diesen Wäschekorb warfen auch etliche „enttäuschte und verärgerte Genossen“ den Nachweis ihrer Mitgliedschaft in der SED, ohne sich allerdings, wie der Autor in seinem Buch darlegt, von alten Ideologien und Überzeugungen abzuwenden.

Doch inzwischen feiert die Nachfolgepartei ungeahnte Triumphe. Zudem lässt Kielmann das wundersame Leben des Paul Böttcher nicht los: Der war in Sachsen kommunistischer Minister, spionierte während des Zweiten Weltkriegs in Genf für die Sowjetunion, wurde dafür zu zehn Jahren Gulag verurteilt und später in der DDR mit den höchsten Orden ausgezeichnet.

Was für eine Biographie, verglichen mit dem eigenen, unterm Strich recht kümmerlichen Dasein. Das ist Kielmanns Problem: Wie schreibt heute einer, der selbst feig war, über diesen roten Helden? In exemplarischen Lebensläufen erzählt Erich Loest von Hundert Jahren Glanz und Elend des Sozialismus in Deutschland, von ideologischen Ruinen und ungeahnten Auferstehungen.

Mit Unterstützung der Elke und Thomas Loest Stiftung, die die Kosten der Aufführungsrechte übernimmt.

Eine Veranstaltung im Rahmen der 30. Literaturtage Sachsen-Anhalt 2021.